Zu Spalding
Zur Edition
 


Der im Umbruch befindlichen Aufklärungsforschung fehlen immer noch kritische Editionen grundlegender Texte. Die Kritische Spalding-Ausgabe hilft diesem Mißstand in doppelter Weise ab: Sie macht wichtige Schriften verfügbar, die in der Forschung gefragt sind, und bietet diese zugleich in einem neuartigen wissenschaftlichen Editionskonzept der integrativen kritischen Darstellung verschiedener Auflagen als Lesetexte. Dadurch werden mehrere Desiderate der Forschung zugleich erfüllt.

Die Bedeutung Spaldings und seiner Schriften (später Briefe) nachzuweisen, wird dadurch erschwert, daß der größte Teil seiner Schriften nur noch in den Handschriftenlesesälen weniger Bibliotheken und zudem nur in den jeweiligen, untereinander stark variierenden Auflagen zugänglich ist. Die Kritische Ausgabe verfolgt mit der Ersten Abteilung das Ziel, die Schriften Spaldings als Einzel-ausgaben wieder verfügbar zu machen und der Aufklärungsforschung durch sachbezogene Einleitung, erschließende Erläuterungen und ausführliche Register die notwendigen Impulse zu geben. Das Editionskonzept hat die kritischen Rezensenten des im November 2001 erschienenen ersten Bandes vollständig überzeugt.

In der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 20. Februar 2002 hat Johann Hinrich Claussen die Kritische Spalding-Ausgabe nicht nur "sehr willkommen" geheißen und ihren Zuschnitt als "philo-logisch präzise, wissenschaftliche Leseausgabe" gewürdigt, sondern ihr auch eine forschungsstrategische Schlüsselfunktion zuerkannt: "Sie bietet die Chance, ein neues Bild der Aufklärung zu gewinnen und viele hartnäckige Klischees endlich zu verab-schieden." Bereits am 16. Januar 2002 hatte der als kritischer FAZ-Rezensent bekannte Friedrich Wilhelm Graf den Erstlings-band der Spalding-Ausgabe unter der bezeichnenden Überschrift "Kants moralischer Dosenöffner" als eine "mustergültig gearbeitete, auch buchtechnisch höchst solide Edition" gelobt, das Editionskonzept "überzeugend" genannt und angesichts des ungeheuren Idealismus, mit dem die Ausgabe begonnen wurde, ausgerufen: "Wer mag da noch von der Krise der Geisteswissen-schaften oder vom Niedergang der Theologie reden?"

Ziel der Kritischen Spalding-Ausgabe als wissenschaftlicher Leseausgabe bleibt es, die Aufklärungsforschung durch Erschließung von Grundlagentexten zu beflügeln. Originale sind fast nur noch in den Handschriftenlesesälen weniger Bibliotheken vorhanden (auch antiquarisch wird Spalding nur sehr selten gehandelt). Wenn überhaupt, werden die Schriften Spaldings bislang in der Regel wahllos nach der jeweils verfügbaren Auflage zitiert, ohne dabei auf die mitunter bedeutenden Veränderungen von Auflage zu Auflage zu achten. Anhand dieser läßt sich jedoch die Rezeption zentraler Texte der Aufklärung (wie z.B. einiger Schriften Kants) nicht nur nach-weisen, sondern diskursiv nachvollziehen. Durch die Möglichkeit der Verifikation verschiedener Zitationsweisen und der Rekonstruktion der Textgeschichte steht die Kritische Spalding-Ausgabe auf der Höhe der wissenschaftlichen Aufklärungsforschung.
Die Kritische Spalding-Edition stellt somit insbesondere für die weitere Erforschung der deutschen Aufklärungstheologie eine unverzichtbare Grundlage bereit. Von ihr werden wesentliche, innovative Impulse für die Erforschung der Aufklärungs- wie auch der Nach-Aufklärungszeit ausgehen. Auch für den zu Beginn des 19. Jahrhunderts eintretenden theologischen Neuaufbruch stellt der in ihr erschlossene Quellen-bestand eine wesentliche Voraussetzung dar.
Komplementär zu ihrer theologiegeschichtlichen Bedeutung wird die Spalding-Edition auch für die geistesgeschichtliche Forschung, zumal in der Philosophie und der Literaturwissenschaft, einen substantiellen Fortschritt bedeuten. Angesichts der Vernetzung der intellektuellen Diskurse, die für das 18. Jahrhundert noch kennzeichnend war, und insbesondere hinsichtlich der unmittelbaren Wechselwirkung, in der Spalding mit der philosophischen Anthropologie sowie der literari-schen Umformung des Religionsthemas in seiner Zeit stand, ist nicht nur für die Kant- und Fichte-Forschung, sondern darüber hinaus auch für die literaturgeschichtliche Forschung zu den Epochen der Aufklärung, der Weimarer Klassik und der Frühromantik eine entscheidende Förderung zu erwarten.

Zur diesjährigen Buchmesse sind nunmehr erscheinen:
Band I/3: Ueber die Nutzbarkeit des Predigtamtes und deren Beförderung (1.-3. Auflage, 1772-1791), hg. von Tobias Jersak.
Band I/6-2: Kleinere Schriften 2: Briefe an Gleim - Lebensbe-schreibung, hg. von Albrecht Beutel und Tobias Jersak.


Weiterhin lieferbar bleibt:
Band I/5: Religion, eine Angelegenheit des Menschen (1.-4. Auflage, 1797-1806), hg. von Tobias Jersak und Georg Friedrich Wagner, Tübingen 2001.

Die Kritische Spalding-Ausgabe wird unter der Federführung von Professor Albrecht Beutel und unter Mitarbeit von Dr. Tobias Jersak mit Unterstützung der Deutschen Forschungs-gemeinschaft an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster herausgegeben.

Die Ausgabe erscheint im
Verlag Mohr Siebeck, Tübingen.

Herausgeber und Mitarbeiter erreichen Sie per email:
Prof. Dr. Albrecht Beutel - beutel@uni-muenster.de
Dr. Tobias Jersak - tj@uni-muenster.de
Dennis Prause - dprause@uni-muenster.de
Daniela Kirschkowski - Daniela.Kirschkowski@t-online.de

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